Wachau Magazin 2022
44 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 2 Unter den Apfelbäumen des Loibnerhofs Der schönste Flecken im Paradies war schon bei Adam und Eva die Ecke mit den Apfelbäumen. Gas- tronomisch lief’s dann für die beiden bekanntlich nicht so erfolgreich, weshalb der Apfelgarten im Loibnerhof in Unterloiben bei Dürnstein eindeutig die bessere Wahl ist. Cox Orange, Berner Rose oder Lavanttaler Bana- nenapfel – Insider kennen alle Sorten der rund sieb- zig Bäume, die sich im April für kurze Zeit in ein weißes Blütenmeer verwandeln. Gerade recht, wenn Familie Knoll jedes Jahr im Frühling die Straßenseite wechselt. Das klingt, zu- gegeben, ein wenig merkwürdig. Tatsächlich gibt’s so schnell kein zweites Lokal mit historischem Wirtshaus imWinter und – genau gegenüber – som- merlichem Freiluftrestaurant mit Stuben und offe- nen Veranden. Und das seit 1958. Wer erstmals in den lauschigen Innenhof tritt, mag ob der Größe des Gastgartens verwundert sein, so- wohl was Plätze wie Umfang der Speisenkarte be- trifft. Aber das ist auch so eine Besonderheit der Knolls, Vater und Sohn, beide Josef, und mittlerweile mit dem Junior als Chef am Herd. Eingespielt seit mehr als zwanzig Jahren, haben sie eine Logistik entwickelt, die es ihnen ermöglicht, ihren Qualitäts- anspruch trotz der Vielfalt an Gerichten und Besu- chern konsequent durchzuziehen. Es gibt einfach kein Convenience! Alles ist selbstgemacht. Von Fonds und Saucen über Gnocchi und Pasta bis zur gerösteten Zwiebel. Dazu kommt ein feinmaschiges Netz ausgewählter Produzenten, Fischer und Jäger, die dem Loibnerhof oft seit Jahrzehnten verbunden sind. So wie die vielen Stammgäste, die dieses Biotop der österreichischen Küche mit ihren bürgerlichen, immer verlässlich gleich guten Speisen lieben. So besteht das legendäre Butterschnitzerl ausschließ- lich aus bestem faschierten Kalbsfleisch und bei 80 bis 100 kg Fischbedarf pro Woche lässt sich eine sä- mige Fischsuppe machen, die geschmacklich nörd- lich von Marseille vermutlich konkurrenzlos bleibt. Ob Tatar vom gebeizten Saibling, Kalbsbeuscherl oder Gänseleberparfait, ob Backhenderl, Waldviert- ler Freilandente oder gefüllte Kalbsbrust, die Karte ist ein einziges Potpourri an Hausklassikern bis hin zu der zu Recht berühmten Cremeschnitte. Als ob dies nicht schon eindrucksvoll genug wäre, spielt der Loibnerhof in Sachen Wein noch einen Extratrumpf aus: Ausgeschenkt wird, und dabei durchaus auch rare ältere Jahrgänge, vor allem vom verwandtschaftlich verbundenen Weingut Knoll, das bekanntermaßen zur Weißwein-Weltklasse zählt. Nicht schlecht für ein Landgasthaus.
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