Wachau Magazin 2021
WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 1 | 73 72 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 2 1 VINEA WACHAU DATEN, FAKTEN & QUALITÄTSKRITERIEN Wachau auch immer noch so viele kleine und kleinste Weinbauern, von denen sich viele sehr gut entwickeln.« Solidarisch sind sie, die Wachauer, stolz auf das, was ihnen die Natur zur Verfügung gestellt hat und was sie mit ihrer Hände Arbeit daraus machen – und wehrhaft, wenn sich eine Bedrohung aufbaut. Bei unserem nächsten Etappenziel zwischen Dürnstein und Weißenkirchen erkennt man das bei einem Blick aufs andere Donauufer sehr gut – indem man näm- lich nichts sieht außer der Rossatzer Au. Hier war Anfang der 1970er-Jahre ein Donaukraftwerk inmit- ten dieses Idylls schon beschlossene Sache, es gab fix und fertige Pläne und Modelle. Doch dann stiegen die wehrhaften Winzer, angeführt von Franz Hirtzberger senior und Josef Jamek, auf die Barrikaden und konnten diesen brutalen Angriff auf die Natur verhindern. Aber erst 1983 wurde die- ses Vorhaben im zuständigen Ministerium auch of- fiziell zu Grabe getragen. Nobelpreisträger Konrad Lorenz, der den Protest unterstützte, würdigte den Wachauer Abwehrkampf damals mit den Worten: »Gebt mir 100 solche Männer, und ich kann Europa retten.« Die Wachauer wissen, was sie haben, und das las- sen sie sich auch nicht nehmen. Und so verhinder- ten sie Anfang der 80er-Jahre, angeführt von Josef Jamek, auch, dass der Schwerverkehr durch dieses schöne Donautal rollt. Bis heute sind die schweren Lkw hier ausgesperrt, und das macht eine Radtour wie die unsere sehr angenehm. Wenn man Franz Hirtzberger heute über den erfolgreichen Verteidi- gungskampf der Vorväter reden hört, erschließt sich, wie eng verwachsen die Menschen hier mit ihrer Umgebung sind: »Da werden heute solche Namen konstruiert wie Donautäler. Es gibt nur ein Donautal, und das ist die Wachau.« Aus der penibel archivierten Vergangenheit für die Zukunft lernen: Mit der Kombination aus Tradition und Innovation wurde die Vinea Wachau zur weltweiten Qualitätsmarke für österreichische Spitzenweine. Ein legendärer Ort in Weißenkirchen: Die Ried Klaus war eine jener Weinlagen, mit denen in den 1980er Jahren der internationale Siegeszug der Wachauer Winzer einsetzte. Heute sind ihre Weine in den besten Restaurants der Welt vertreten. Kurze Rast am Strom, während am anderen Donauufer der markante Tausendeimerberg, die Ruine Hinterhaus und das malerische Dörfchen Spitz die Landschaftskulisse prägen. DIE MACHT DER REGION Langsam wird es heiß auf den Fahrradsätteln, und deshalb ist der Besuch im Archiv der Vinea Wachau ein wohltuender Kontrast. Es sind nur ein paar Stu- fen, die im Schloss Erlahof in Spitz in den Keller füh- ren, aber plötzlich umweht uns angenehme Kühle. Karl Zanzinger, der Hüter des Vinea-Weinschatzes, zeigt stolz die langen Reihen von penibel numme- rierten Weinregalen: »Hier lagert jeder Wachauer Wein, der auf den Markt gekommen ist.« Alle Vinea- Winzer müssen eine Flasche jedes Weins abgeben, und dann wird bis hin zum Etikett geprüft, ob auch alles den Anforderungen entspricht. Denn da haben sie ein strenges Auge drauf in der Wachau. Geht es doch auch bei diesem finalen Prüf- verfahren nicht um die Stärke des Einzelnen, son- dern um die Macht der Region: »Man muss beim Wachauer Wein wissen, was einen erwartet. Und deshalb muss dort, wo Wachau draufsteht, auch Wachau drinnen sein«, sagt Franz Hirtzberger und ergänzt: »Wir haben keinen internationalen Weinstil, das ist auch nicht unser Bestreben. Wir wollen re- gionale Weine.« Das einzig Internationale, das die Wachauer bei ihrem Wein hingegen sehr gern sehen, ist die Aner- kennung, die ihnen auch dank Vinea in hohem Aus- maß sicher ist. Und damit das auch in Zukunft so bleibt, steigen sie Jahr für Jahr wieder in den Sattel und strampeln sich im Schweiße ihres Angesichts in ihren Weingärten ab. »Wir hecheln nicht Trends nach, sondern was gut ist, das kann auch bleiben« EMMERICH KNOLL Die Gründungsversammlung fand am 17. August 1983 im Kellerschlössel in Dürnstein mit 36 Mitgliedern statt. 2020 zählt die Vinea Wachau bereits mehr als 200 Mitglieder, pro Jahr kommen zwischen zwei und fünf neue dazu. Der Name »Vinea Wachau Nobilis Districtus« geht auf Leuthold von Kuenring (1243–1313) zurück. Das Kerngebiet seiner Besitzungen entsprach in etwa dem des heutigen Weinbaugebietes Wachau, das seit 1963 in den aktuellen Grenzen ist. Mit der Gründung der Vinea wurden diese 1983 auch festgeschrieben. Mitglieder der Vinea verpflichten sich freiwillig, keine Trauben aus anderen Regionen zuzukaufen oder außerhalb der Wachau Weingärten zu bewirtschaften. Damit wird einerseits der originäre Charakter des Weins gewährleistet, andererseits können so auch kleinste Strukturen aufrechterhalten bleiben. Wichtiger Bestandteil einer Vinea-Mitgliedschaft ist die Verpflichtung zur Erhaltung und Pflege der Steinterrassen, auf denen sich mehr als 40 Prozent der Wachauer Rebflächen befinden. Die Terrassen- Weingärten werden von knapp drei Millionen Quadratmetern Trockensteinmauern getragen. Seit 1984 sind die Marken Steinfeder (max. 11,5 % Alkohol), Federspiel (max. 12–12,5 %) und Smaragd (über 12,5 %) als Repräsentanten gebietstypischen Wachauer Weißweines festgeschrieben und markenrechtlich weltweit geschützt. Sie stehen symbolhaft für trockenen Wein ohne Anreicherung und Holzeinfluss. Darüber hinaus gibt es eine große Vielfalt von Weinen, die traditionell meist den Namen einer der über 150 Rieden in diesem Weinbaugebiet tragen. Verpflichtend für alle Vinea-Mitglieder ist die Handlese – und zwar nicht nur in den Terrassen- weingärten. Auch in ebenen Lagen verzichten die Winzer freiwillig auf den Einsatz von Lesemaschinen.
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