Wachau Magazin 2019

WA C H A U M A G A Z I N 2 0 19 | 97 K Ü N S T L E R S C H I C K S A L In Wirklichkeit stört sie seine Eifersucht. Seine Freunde wiederum misstrauen der lebenslustigen Witwe. Kokosch- kas Mutter will Alma sogar erschießen: »So ein altes Weib, die schon ein elfjähriges Familienleben hinter sich hat, hängt sich an so einen jungen Burschen ...« Nach drei Jahren endet die Beziehung. Alma lässt zuvor ein gemeinsames Kind abtreiben. Kokoschka ist entsetzt. Zutiefst verletzt zieht er in den Krieg, wird im August 1915 in der Ukraine durch einen Genickschuss und Bajonettstich in die Lunge schwer verletzt. Noch im selben Monat heiratet Alma Mahler den Berliner Architekten Walter Gropius, mit dem sie bereits während ihrer Ehe mit Gustav Mahler eine Liaison hatte. 1917 ban- delt sie mit dem Dichter Franz Werfel an, 1920 erfolgt die Scheidung von Gropius, 1929 die Hochzeit mit Werfel. Über Kokoschka sagt sie später: »Niemals zuvor habe ich so viel Krampf, so viel Hölle, so viel Paradies gekostet...« Oskar Kokoschka geht nach seiner Genesung erneut an die Front, wo ihn ein Granatenschock endgültig kriegsuntaug- lich macht. Er leidet unter schweren Depressionen, quar- tiert sich in einem Dresdner Sanatorium ein. Durch eine Professur an der Dresdner Akademie findet er 1919 all- mählich wieder in die Normalität zurück. Doch Alma Mahler bekommt er nicht aus dem Kopf. Bei der Münchner Puppenmacherin Hermine Moos lässt sich Kokoschka eine lebensgroße Puppe nach seinen Alma- Skizzen anfertigen. Das Ergebnis ist ziemlich gruselig. Den- noch wird das monströse Gebilde Teil von Kokoschkas Haushalt. Dienstmädchen Hulda muss ihr hübsche Kleider anziehen, wenn er mit ihr ausfährt oder ins Theater geht. Erst nach drei Jahren findet der Spuk ein Ende. Nach einer alkoholreichen Nacht landet die enthauptete Alma-Puppe in seinem Garten und auf der Müllhalde. Es folgen ausgedehnte Reisen nach Afrika und in den Nahen Osten. Als er zurückkehrt, haben ihn die National- sozialisten als »entartet« und »Kunstfeind Nr. 1« ausgeru- fen, sie konfiszierten mehr als 600 seiner Werke. Kokoschka, Humanist aus tiefster Überzeugung, geht 1934 nach Prag, wo er seine spätere Gattin Olda Palkovská kennenlernt. 1938 emigriert er nach London. Nach dem Zweiten Weltkrieg finden seine Werke weltweit Anerkennung. 1951 zieht Kokoschka in die Schweiz. Die Er- öffnung des Dokumentationszentrums in seinem Geburts- haus in Pöchlarn 1973 bewegt ihn tief. Eine überragende Künstlerpersönlichkeit ist zu den Ursprüngen zurückgekehrt. Am 22. Februar 1980 verlässt Oskar Kokoschka diese Welt. Und Alma Mahler? Sie war nie ganz weg. Noch zu ihrem 70. Geburtstag schreibt ihr Kokoschka: »In meiner Winds- braut sind wir auf ewig vereint...« OSKAR KOKOSCHKA – GEBURTSHAUS Regensburger Straße 29, 3380 Pöchlarn T. +43 (0) 27 57 – 76 56 oder 23 10 14 oskar.kokoschka@poechlarn.at, www.oskarkokoschka.at ÖFFNUNGSZEITEN: jährlich wechselnde Sommerausstellung – Mitte Mai bis Ende September täglich 10 bis 17 Uhr, die permanente Ausstellung zu OK’s Biographie ist ganzjährig gegen Voranmeldung geöffnet. AUF EWIG VEREINT DIE PUPPE DES GRAUENS Oskar Kokoschkas Geburtshaus in Pöchlarn: Überaus sehenswert ist die Präsentation von Leben und Werk des weltberühmten Künstlers.

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