Wachau Magazin 2019
70 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 19 W E I N - D E S I G N ähneln: Filigran und federleicht sind sie und dennoch von eindringlicher Kraft. Keine üppi- gen Blender, sondern vielschichtige Ge- schöpfe, die bleibenden Eindruck hinterlassen. Erich Machherndl geht in jeder Hinsicht ei- gene Wege: In den Weingärten arbeitet er kon- sequent biologisch, mit dem Jahrgang 2018 sogar zertifiziert. Im Keller übt er aufmerksame Zurückhaltung. Keine technischen Eingriffe, keine Zusätze – nur liebevolle Betreuung. Ei- gentlich eine traditionelle Form der Weinbe- reitung, allerdings mit dem Wissen von heute oder, wie der Winzer es gerne formuliert: »Mit zukunftswachem Blick«. Gewachsene Erfah- rung und zeitgemäße Umsetzung gehen dabei Hand in Hand. Das Ergebnis sind präzise, straffe Weine mit Struktur, denn »opulente Fruchtbomben sind nicht meine Abteilung. Ich mache Weine für Vieltrinker!« Nur logisch, dass sein Weinkeller kein wuchtiger Barock- bau ist, sondern sich durch klare Linien und präzise Formen auszeichnet. Geplant hat das Projekt Basil Kutschera, ein Architekturstudent, der es verstand,Weinkeller und Wohnhaus zu einem harmonischen Ge- samtensemble so zu konzipieren, dass sie zeit- lose Ästhetik mit reibungsloser Funktionalität verbinden. ÄSTHETISCHE FUNKTIONALITÄT Rudi Pichler war der erste Wachauer Winzer, der modern baute. Am Ortsrand von Wösendorf und am Fuße der Lage Kollmütz schmiegt sich der zeitgemäße Bau in die Landschaft. Skepti- ker bekrittelten anfangs noch das in der Re- gion unübliche Flachdach – nach der Ein- weihung 2004 wurden sie eines Besseren be- lehrt: Das neue Weingut bewies, dass Tradition durchaus mit Design korrespondiert. Gemeinsam mit dem Kremser Architekten Thomas Tauber erarbeitete Pichler in 5-mo- natiger Planung die notwendigen Produktions- abläufe und Materialien. Und so entstand das heutige Weingut mit besonders viel Gespür für die Harmonie zwischen uralter Kulturland- schaft und modernem Look und erfüllte zu- gleich alle notwendigen önologischen Anfor- derungen. Denn »schön« allein reicht nicht: Die Ästhetik muss sich letztlich der Funktion unterordnen, also den Arbeitsalltag erleichtern. Mit Rudi Pichler hatte Tauber daher einen ge- radezu kongenialen Bauherren für sein erstes Weingutprojekt gefunden: Der Winzer ist be- kannt für seinen Hang zum Perfektionismus. Genau wie bei seinen ausdrucksstarken Wei- nen gab er sich – wie erwähnt – daher auch bei der Planung nicht mit Kompromissen zu- frieden. Die einzelnen Lagen mit ihren spezi- fischen Bodenbeschaffenheiten und Mikro- klimata in den Weinen exakt herauszuarbeiten ist seit jeher sein oberstes Ziel. Das Ergebnis: Gewächse mit Persönlichkeit und Individua- lität, die das moderne Gut perfekt widerspie- geln. EIN KELLER TRÄGT KALMUCK Auch für Franz-Josef Gritsch in Spitz wurde Thomas Tauber aktiv und entwarf einen mo- dernen Bau, der optisch quasi ein Kleidungs- stück trägt: einen Kalmuck, den typischen Wachauer Hauerjanker. Eine Idee des Bau- herrn, der damit nicht nur eine sichtbare Marke setzte, sondern ein traditionelles Element zeitgemäß und mit Witz ins Heute transferierte. Das typisch braun-weiß karierte Muster wird von Tausenden von Glasgranula- ten aus alten Weinflaschen dargestellt und schmückt die Fassade des Neubaus. Die win- zigen Glasteile ergeben eine raue Oberfläche, die tatsächlich an ein grobes Stück Stoff erin- nert – eine ebenso einfache wie raffinierte Idee, die für Aufsehen sorgt. Was dem Winzer durchaus gefällt, denn mit dem Mainstream zu schwimmen ist so gar nicht seine Sache: Von nur »auf alt bauen«, wie er es nennt, hält er wenig. Jede Epoche habe ihren Stil und den solle man nicht Jahrhun- derte später kopieren. Tradition habe für ihn zwar durchaus Bedeutung, was auch in seinen Weinen erkennbar ist, aber wichtig ist ebenso, Bewährtes neu zu interpretieren. Erich Machherndls Grüner Veltliner Smaragd Ried Kollmitz erweist sich laut begeisterten Kritiken als durch- trainierter Gentleman von Kopf bis Fuß – ein Grand Cru aus dem Herzen der Wachau«. « Der Grüne Veltliner Hochrain Smaragd ist ein Paradebeispiel für die hochkarätigen Weine von Rudi Pichler, der auf bis zu 50-jährigen Weinstöcken auf Urgesteinsverwitterungs- böden mit teilweiser Lössauflage wächst. WEINGUT MACHHERNDL Das Weingut von Karin und Erich Machherndl (1 bis 3) vereint auf den ersten Blick die Harmonie von Tradition und Moderne eindrucksvoll und ist zugleich ein feiner Rahmen für die Verkostung der kompromisslos-ehrlichen Weine. WEINGUT RUDI PICHLER Perfektionismus in allen Belangen – das zeichnet den Spitzenwinzer Rudi Pichler (4 bis 6) seit Jahren aus und katapultierte ihn unter die besten der Wachau. Dieses höchste Qualitätsdenken ist auch im Weingut auf Schritt und Tritt sichtbar. Fotos (R.Pichler): Monika Löff
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