Wachau Magazin 2019
42 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 19 K Ö R N I G E WA C H A U schen Soldaten mit einer Mischung aus Mohn und Honig dopten, um in der Schlacht unempfindlicher gegen Schmer- zen zu sein. Eigentlich eine gute Anregung, um sehr ge- nussvoll einem leichten Muskelkater beim Donauradeln oder beim Wandern auf dem Welterbesteig vorzubeugen. Barbara Schmidl schmunzelt: »Unsere Mohnzelten werden mit Honig gesüßt – ganz wie bei den Römern.« Was da seit dem Mittelalter aus dem Waldviertel in die Wachau kommt – ältester Beweis dafür ist das Urbar des Abtes Ebro von Stift Zwettl aus dem Jahr 1280 – wird tra- ditionell zu feinen Mehlspeisen und Gebäck verarbeitet. Und zwar das ganze Jahr über. Die Mohn-Marillen-Torte etwa von Elisabeth Zottl macht auch im Hochsommer eine gute Figur. Weil sie nämlich »ganz ohne Mehl, nur mit Man- deln« zubereitet und dadurch ein Klassiker bei Sommerfes- ten sei. Wenn die Sonne kraftvoll vom blauen Himmel lacht, dann darf nicht getrödelt werden, weiß die Meisterkondi- torin aus Weißenkirchen: »Mohn muss frisch sein und sollte so rasch wie möglich verarbeitet werden, weil er gerade an heißen Tagen leicht ranzig wird.« Sie hat auch gleich einen Tipp parat: »Bereits gemahlener, das heißt gequetschter Mohn lässt sich gut portionsweise einfrieren.« Und denkt – immer auf der Suche nach neuen Ideen – beim Stichwort »gefroren« bereits laut über ein Mohneis »mit Preiselbee- ren« nach. us der österreichischen Mehlspeisküche ist er schon lange nicht mehr wegzudenken, der Mohn. Und noch viel weniger aus der Wachau, die ja, nicht nur geologisch, sondern auch ein bisserl kulinarisch, zum Waldviertel zählt. Wie der Mohn dorthin gekommen ist, das weiß Barbara Schmidl. »Mönche haben ihn aus dem Mittelmeerraum hierher gebracht.« Die Mohnzelten der Bäckermeisterin aus Dürnstein sind über die Landesgrenzen hinaus berühmt, wer mit ihr über die aromatischen Körnchen plaudert, stößt zudem auf eine wahre Quelle des Wissens. Sie hat sich mit dem wertvollen und wichtigen Rohstoff intensiv beschäf- tigt. Und so gibt’s als Einstimmung auf den ersten Biss in die saftige Mohnfülle ein wenig Historie zum Staunen vor- neweg. KÖRNCHEN MIT GESCHICHTE Schon um 4000 vor Christus ist Mohn als Heilpflanze be- legt, und bis heute sind die Opioide in der Mohnmilch einer der größten Schmerzlinderer der pharmazeutischen Indus- trie. »In der Antike dachte man, Mohn wachse aus den Trä- nen der Aphrodite, die um Adonis trauerte«, sagt Schmidl und lächelt. Sicher sei jedenfalls, dass sich schon die römi- A
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