Wachau Magazin 2019

»SO MÖCHTE ICH AUCH LEBEN« In den Anfängen beklagten sich römische Militärbeamte noch über die elen- den Verhältnisse, die an der Donau in den Provinzen Noricum und Pannonien herrschten. Nicht einmal Wein oder Olivenöl gäbe es hier, lauteten die noch harmlosen Beschwerden nach Rom. Dazu kam das Fehlen vieler anderer »bare necessities«, die das Leben angenehm machen. Diese Situation sollte sich rasch ändern. Mit den großen Legionslagern Lauriacum (Enns), Vindobona, Carnuntum und den angrenzenden Zivilsiedlungen (vicus), den vielen dazwi- schenliegenden Garnisonslagern wie Tulln und Mautern entstand an der Donau erstmals eine urbane Kultur. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde eine bis dahin vollkommen unbekannte Form des Zusammenlebens von vielen Menschen etabliert. Nicht ohne Grund steht an den Anfängen der lebenswertesten Stadt auf die- sem Planeten das an der Donau errichtete Legionslager Vindobona. Und wenig überraschend entwickelte sich die älteste Stadt Österreichs (Enns) ebenfalls aus einem Legionslager an der Donau. Möglich wurde dies durch eine Reihe von Zivilisationsbedingungen: Latein als einheitliche Verwaltungssprache, daneben Griechisch als Kultursprache, ein entwickeltes Geldwesen mit einer einheitlichen Währung, gut ausgebaute Verkehrswege, die Handel über viele Hunderte Kilometer ermöglichten, Ge- richte mit einem effizienten Rechtssystem, das Eigentum schützt, Arbeitstei- lung mit hoher Spezialisierung, Sicherheit, medizinische Versorgung, Bildung durch Alphabetisierung, Theater, Bäder, große Einkaufsforen, Dichtkunst und – last but not least – Tavernen. Das Gefühl, das Germanen oder Kelten gleichermaßen beim Betreten eines Legionslagers samt Zivilstadt überkam, war nicht Zerstörung. Es war der Gedanke: »So möchte ich auch leben«. Römische Spuren finden sich beispielsweise in Mautern am Südufer der Wachau: Im Bild die historische Stadtmauer, an der vorbei es auch ins Römermuseum geht, das Leben und Schaffen im ehemaligen römischen Kastell Favianis-Mautern dokumentiert. RÖMERSTADT CARNUNTUM Im Jahr 6 n. Chr. errichtete der spätere Kaiser Tiberius hier ein befestigtes Winterlager; der Beginn von 400 Jahren römischer Präsenz in Carnuntum. Heute umfasst der kulturhistorische Be- trieb im niederösterreichischen Petronell (ca. 120 km von Krems) ein stetig wachsendes römisches Stadtviertel, Amphitheater, Trainingsarena der Gladiatoren sowie – etwas entfernt – das Museum Carnuntinum. Mittels App können vor Ort 7 antike Bauten virtuell bewundert werden. Geöffnet ca. Mitte März bis Mitte November. www.carnuntum.at Fotos (2): Frank Heuer Foto: NÖ Werbung / Andreas Hofer WA C H A U M A G A Z I N 2 0 19 | 31 Z E I T R E I S E

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