Wachau Magazin 2018

4 4 | WA C H A U M A G A Z I N 2 0 18 I N T E R V I E W Herr Dorfer, Sie wurden 2017 mit der »Trophée Gourmet A la Carte für kreative Küche« ausgezeichnet, eine der wichtigsten Gastronomie-Auszeichnungen Österreichs. Der Schlemmer-Atlas hat Sie 2015 bis 2018 in Folge zum Spitzenkoch des Jahres gekürt. Sie waren auch schon Gault-Millau-Koch des Jahres, wo Sie aktuell mit drei Hauben und 18 Punkten gekrönt sind. Gibt es einen Titel, den wir womöglich vergessen haben? (schmunzelt) Ja, Europameister. Mittelfeld, linker Flügel. Wie bitte? Das war meine Position in der österrei- chischen Nationalmannschaft der Köche. 2010 haben wir im Finale Italien 1:0 besiegt. Zuvor hatten wir die Deutschen mit 3:2 nach Hause geschickt. Alle Achtung. Wären Sie lieber Kicker als Koch geworden? Fußball ist wirklich eine Leidenschaft. Gerade habe ich meinen Sohn und meine Tochter, 10 und 9 Jahre alt, zum Training gefahren. Da hätte ich schon gern ein bisschen mit- gemacht. Aber da ist ja noch meine andere Mannschaft, die vom Landhaus Bacher... Und mit der spielen Sie konstant in der gastronomischen Champions-League. Sind Sie eigentlich ein harter Teamchef? Eher ein Teamplayer. Mir ist ganz wichtig, dass man respektvoll miteinander umgeht. Und wenn wir eine Auszeichnung bekommen, wird gemeinsam gefeiert, denn alle haben einen Anteil daran. Kritiker bezeichnen Ihren Stil als »unverwechselbar genial«. Woher kommen die Inspirationen für Ihre Gerichte? THOMAS DORFER: DER MATCHWINNER Da schlägt sicher kein Geistesblitz über Nacht ein. Wir lassen uns Zeit, probieren und feilen, bis wir das Ergebnis für perfekt halten. Natürlich profitieren wir auch von immer besseren Produkten. Wie ist das zu verstehen? Der gestiegene Qualitätsanspruch hat einiges bewirken können. Wir haben tolle regionale Produzenten, die zum Beispiel nicht alltägli- ches Gemüse wie die Kardone anbauen, eine köstliche Verwandte der Artischocke. Oder die » Chinesische Keule«, ein Spargelsalat mit asiatischen Wurzeln. Gemüse hat in unserer Küche seit jeher einen hohen Stellenwert, ich mag es leicht und präsent. Regional ist also das Zauberwort... In Österreich passiert sehr viel Positives. Etwa bei der Aufzucht von Kälbern oder Lämmern. Ich rede von artgerechter Haltung, stressfreiem Schlachten und richtiger Rei- fung. Wir nutzen rund 75 % rein regionale Produkte. Aber eine schöne Seezunge, ein kapitaler Steinbutt, frische Austern – wer möchte darauf verzichten? Könnten Sie es denn? Niemals. Ich liebe Fisch. Noch so eine große Leidenschaft. Das fängt schon beim perfekten Filetieren an. 2012 haben Sie das Küchenzepter von Ihrer Schwiegermutter Lisl Wagner-Bacher übernommen, der Grande Dame der österreichischen Haute Cuisine. Hat sie bei Ihnen viel zu kritisieren? (lacht) Wir alle haben ein wunderbares Verhältnis. Die Familie gibt mir viel Kraft, und ich versuche, die wenige freie Zeit mit meinen Lieben zu genießen. Elegantes Restaurant und lauschiger Garten bilden den Rahmen für die sensationelle Küche von Thomas Dorfer. Im Bild: Kopfsalat – Zitrone – geröstete Mandelcreme. Im Genießerhotel Landhaus Bacher in Mautern an der Donau begeistert Thomas Dorfer mit faszinierenden Aromawelten und einer ausgefeilten Kochtechnik. Was viele nicht wissen: Der gebürtige Kärntner ist auch leidenschaftlicher Fußballfan... Interview: Hans Schloemer Foto: Petr Blaha Fotos (2): Lukas Kirchgasser Foto: Frank Heuer

RkJQdWJsaXNoZXIy NzA5MzY2