Wachau Magazin 2018

WA C H A U M A G A Z I N 2 0 18 | 3 9 W I L D E WA C H A U EIN FREIES LEBEN Genau dort hat auch Jochen Hipfinger sein Handwerk gelernt, im legendä- ren Gasthaus Schwarz in Nöhagen. Und das gleich so virtuos, dass er sich nach seiner Rückkehr nach Melk ins elterliche Hotel Wachau auf Anhieb als kulinarischer Geheimtipp etablierte. Kein Wunder, bei Köstlichkeiten auf der Karte wie rosa Rücken vom Maibock mit Erbsenpüree, Herbsttrompeten, ein- gelegten Nüssen und Dirndlsauce oder einem feinen Hirschrücken mit Grieß- knödel und Rotkraut-Mayonnaise. »Wir verlassen die ausgetretenen Pfade«, meint auch Vater Heinz. Der einst begeisterte Fischer – ein kapitaler Huchen hängt an der Wand – hat sich den erdigeren Genüssen zugewandt. Und zeigt ein feines Gespür für den Appetit seiner Gäste. »Die Leute suchen wieder das Regionale, und da sind Fleisch und speziell Wild ganz vorne mit dabei.« Das Wildbret, das er vom Jagdrevier des Stiftes Melk bezieht, wird mit höchs- ter Sorgfalt zerlegt und im eigenen Reiferaum gelagert. Behutsam, rund zwanzig Tage lang, bei konstanten 1,5 Grad. Ebenso wie die begehrten Stücke seiner schottischen Hochlandrinder, die er am Familienhof bei Pöch- larn züchtet. Artgerecht ist das Stichwort. Die Tiere sind für ihn nicht nur Gaumenschmaus, sondern auch Augenweide. »Ein Besuch auf der Weide ent- spannt besser als alle Tabletten.« Er lacht. Als Bauer schaut er auch aufs Wild. Und mäht die stattlichen 40 Hektar Wiese ungewöhnlich spät. Das habe zwei Vorteile, so der Hotelier und Rinderzüchter, die Kühe mögen allzu eiweißreiches Gras nicht und außerdem schone man die Rehkitze, die dann schon größer sind und sich nicht mehr im hohen Gras verstecken. »Wir lassen auch Hochgrasinseln stehen, wegen der Vielfalt und als Zuflucht und Versteck für Wildtiere.« DIE NEUE, LEICHTE KÜCHE Wild wird in der Wachau das ganze Jahr über serviert. Denn auch Küche und Zubereitung dieser Gustostückerln haben sich gewandelt. Ja, meint Eveline Pichler vom Donauhof in Emmersdorf, das sei schon gut so, dass neben den kräftigen Klassikern auch die neue Wildküche kultiviert werde. »Wild geht auch leicht«, bestätigt die Hotelchefin, die selbst auch lieber eine klare Con- sommé genießt als eine deftige Wildpüreesuppe, und freut sich auf immer wieder neue Kreationen »ihrer« Donauhof-Küche unter der Leitung von Jo- hannes Bendinger. Der lässt sich auch bei den Beilagen so einiges einfallen, kombiniert Marillen und Rotkraut, macht Erdäpfel-Schwammerl-Rouladen oder feine Pürees aus Apfel und Sellerie oder Butternusskürbis. Und Ehe- mann Josef Pichler, ebenso gelernter Koch, ist passionierter Jäger. »Ein sehr Wieder Feuer machen« heißt die Devise im Weingut Schmelz, der einmal im Jahr (ca. Mitte Februar) in Joching seinen legendären Heurigen öffnet. Thomas Schmelz ist nicht nur Winzer, sondern auch Jäger und leidenschaft- licher Griller, vornehmlich mit Wild. Die Stücke kommen bei ihm im Ganzen aufs Feuer. Rehrücken etwa oder Schlögel, die mit Behutsamkeit und Technik rosa gebraten werden. Der Rest wird faschiert und zu köstlichen Burgern. Man kann eigentlich nur eines falsch machen: die Stücke zu lange am Grill lassen.« Auch mit Gewürzen geht er sparsam um, um den feinen Geschmack nicht zu beeinträchtigen. Gut gegessen wurde schon immer in der Winzerfamilie Schmelz, ist doch Mama gelernte Köchin. Das Wildgrillen hat sie aber von mir gelernt«, grinst der junge Fein- schmecker. Und hat auch zwei Tipps für Nachahmer: Burger-Laibchen gut mit Öl einstreichen, dann fallen sie beim Grillen nicht so schnell auseinander und werden schön knusprig.« Bruder Florian hingegen hat sich aufs Smoken verlegt. Da heißt es gut mari- nieren mit Gewürzen und in das Fleisch eine Injektionslake (besondere Mischung aus Fruchtsaft & Co.) impfen«, weil das Fleisch sehr mager ist. Dann kurz angrillen und je nach Größe bis ca. 12 Stunden im Smoker ziehen lassen – ein Gedicht. Das Feuer sollte man mit Buchen- oder Obstbaumholz machen, das gibt Geschmack, dann darauf die Kohle schichten. Aber nur rindenlose, gesunde Holzstücke verwenden, ohne Einschlüsse oder Schädlingsbefall!« « « « « « « WILD BEIM HEURIGEN Fotos (2): Rita Newman Wem das Jagdglück hold ist, der holt sich beim Koch die Belohnung: Donauhof-Küchen- chef Johannes Bendinger bereitet für Josef und Franz-Josef Pichler das traditionelle »Jägerrecht« aus Wildleber zu.

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